29.Juli – Experteninterview mit dem BITMi zum SysAdminDay

29.Juli – Experteninterview mit dem BITMi zum SysAdminDay

Seit 2000 wird der System Administrator Appreciation Day, kurz SysAdminDay, am letzten Freitag im Juli gefeiert. Der Tag rückt einmal die Mitarbeiter ins Rampenlicht, die sonst nie im Vordergrund stehen – aber einen enorm wichtigen Beitrag zu Arbeitsprozessen beitragen: Systemadministratoren, welche die IT ins Laufen bringen.

Besonders in den letzten zwei Jahren hat die Digitalisierung einen vollkommen neuen Stellenwert erhalten. Zahlreiche Fördertöpfe und Digitalpakts wurden schnell aus der Taufe gehoben. Jetzt nehmen vor allem deutsche Mittelständler und Kleinunternehmen die Beine unter den Arm, um den Anschluss an die Datenautobahnen zu erhalten. Nicht nur die Netzwerksicherheit für Remote Arbeitsplätze und Cyber-Angriffe stellen eine Herausforderung an IT-Experten dar. Ganze Unternehmenszweige bedürfen einer Neubetrachtung in puncto IT. Aber Hardware alleine reicht nicht aus, sondern Expertise ist wichtig. Vom Fachkräftemangel ist auch die IT geprägt, oftmals so stark, dass wichtige Digitalisierungsprozesse nicht in Angriff genommen werden können. Denn dass die Kabel an der richtigen Stelle stecken ist nur ein Bruchteil von Systemadministration. Das Berufsfeld beginnt schon bei Konzept und Planung.

Haus der Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm 40 in Berlin-Mitte

Bundesverband IT-Mittelstand e.V., Haus der Bundespressekonferenz am Schiffbauerdamm 40, Ecke Reinhardtstraße (links), in Berlin-Mitte

BITMi zu IT-Systemadministration am SysAdminDay

Wir haben uns mit Isabel Weyerts, Verbandsreferentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) über die Digitalisierung und die Herausforderungen für deutsche Unternehmen ausgetauscht.

Der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. ist einziger Fachverband und Interessenvertreter für mittelständige IT-Unternehmen. Deutsche IT-Firmen haben in vielen Bereichen das Tempo der digitalen Autobahn erreicht. Aber in der Politik gibt es reichlich Nachholbedarf. Von gesetzlicher Seite braucht man Rückenwind im Wettbewerb mit internationalen Tech-Konzernen bezogen auf Schnelligkeit von Genehmigungsverfahren, Besteuerung und Vergabe von Auftragen durch die öffentliche Hand.

HACH:Frau Weyerts, vielen Dank, dass Sie für uns Zeit haben. Der deutsche Mittelstand und die IT gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Fühlen sich Ihre Mitglieder ausreichend von politischer Seite verstanden, wenn es z. B. um Steuerrecht (im Vergleich mit großen Konzernen), Schutz von geistigem Eigentum (von Einreichung bis Erteilung von simplen Patenten für Software kann es mehrere Jahre dauern) oder die Gefahr von Scheinselbständigkeit für Einzelunternehmer im IT-Bereich?

Isabel Weyerts:Deutsche und europäische IT-KMU konkurrieren nicht nur miteinander, sondern auch mit internationalen Tech-Giganten, die einen Bruchteil der Steuern zahlen, die KMU zu zahlen haben, und in Vergabeverfahren oft als Default-Lösung gehandhabt werden.

Das Potenzial unserer mittelständischen Digitalwirtschaft wird zu spät erkannt und es wurde versäumt, bessere Bedingungen für digitale Geschäftsmodelle zu schaffen. So sind Deutschland und Europa in eine digitale Abhängigkeit von vorrangig US-amerikanischen und chinesischen Unternehmen geraten, während es von deutschen und europäischen KMU durchaus Alternativlösungen gibt.

Der BITMi fordert keine Sonderbehandlung des deutschen IT-Mittelstandes. Wir fordern lediglich, dass ihm keine Steine in den Weg gelegt werden, und dazu muss von der Politik noch einiges getan werden. Zum einen muss das Vergaberecht angepasst werden, sodass staatliche Auftragsvergaben IT-Lösungen wählen, die bei gleichwertigen Leistungen auch die Einhaltung europäischer Standards, etwa in Bezug auf Datenschutz, und die wirksame Durchsetzbarkeit europäischen Rechts gewährleisten. Weiterhin muss das Potential mittelständischer Scale-ups genutzt werden, z. B. durch die Vergabe von Fördergeldern.

HACH:Wie wichtig ist die Funktion des Systemadministrators für den Aufbau sicherer IT-Infrastruktur in deutschen Unternehmen und der deutschen Wirtschaft?

Isabel Weyerts:Systemadministratoren sind essenziell für den Aufbau von IT-Infrastrukturen. Dabei sollte die Sicherheit des Systems im Mittelpunkt stehen. Laut dem Allianz Risk Barometer 2022 sind Cybervorfälle das größte Geschäftsrisiko für Unternehmen weltweit – noch vor der Corona-Pandemie und Betriebsunterbrechungen.

Cyberangriffe sind also eine reale Bedrohung, auch für KMU. Um ein IT-System effektiv dagegen zu schützen, sollten Unternehmen auf eine Expertin oder einen Experten setzen.

HACH:Für kleine Gründer ist ein fester Mitarbeiter als Systemadministrator besonders in der Anfangsphase nicht wirtschaftlich. Wie sinnvoll ist es hier externe Mitarbeiter punktuell zu beschäftigen? Welche Herausforderung stellt das an Auftraggeber und Auftragnehmer?

Isabel Weyerts:Auf jeden Fall ist es sinnvoll, einen externen Systemadministrator zu beauftragen. Die IT-Infrastruktur ist die Grundlage für die Arbeit in einem Betrieb. Damit diese zuverlässig und abgesichert ist, muss sie von einem Experten aufgebaut und gepflegt werden, der die Kapazität hat, auf dem neusten Stand der Technik und IT-Sicherheit zu bleiben.

Einen externen Systemadministrator zu beauftragen, bringt natürlich mit sich, dass dieser noch nicht mit den Gegebenheiten des Unternehmens vertraut ist und zu Beginn seiner Arbeit eine Sichtungsphase benötigt. Hierbei ist es von Vorteil, wenn der Auftraggeber genau die Anforderungen an das System und die Prozesse, die darauf abgebildet werden sollen, benennen kann. Auch im laufenden Betrieb bedarf es einer guten und stetigen Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Im Gegensatz zu einem internen Mitarbeiter hat ein externer oft keine Einblicke in Veränderungen im Unternehmen, an die das IT-System angepasst werden muss. So muss ein Auftraggeber den Systemadministrator aktiv informieren, wenn z. B. ein größerer Datenspeicher aufgrund von Unternehmenswachstum benötigt wird.

HACH: Es wird immer wieder gefordert, dass Schulfächer wie Informatik und Computertechnik auch in Grundschulen im Lehrplan verankert sein sollten. Halten Sie das für sinnvoll, um den Nachwuchs von IT zu begeistern und damit den Nachwuchs im IT-Bereich zu fördern?

Isabel Weyerts:Digitalkunde ab der Grundschule und Informatik als Pflichtfach ist eine unserer ältesten Handlungsempfehlungen an die Politik und gehört nun auch wieder zu unseren Empfehlungen für die Legislatur 2021 –2025. In Nordrhein-Westfalen wurde unsere Empfehlung bereits angenommen: Dort ist Informatik nun Pflichtfach ab der 5. Klasse. Wir hoffen, dass andere Bundesländer bald nachziehen. So kann die neue Generation die Digitalisierung in Deutschland voranbringen und mitgestalten. Für uns ist Informatik die wichtigste Fremdsprache der Zukunft und sollte ein selbstverständlicher Teil des Lehrplans sein.

HACH: Gibt es aktuell genug Systemadministratoren, um den Bedarf in Deutschland abzudecken?

Isabel Weyerts:Wie in vielen Bereichen der deutschen Wirtschaft herrscht auch in der IT-Branche Fachkräftemangel. Laut einer Studie des Kompetenzzentrums für Fachkräftesicherung (KOFA) lag die Fachkräftelücke in IT-Berufen im Jahr 2021 etwas über 13.000. Im Jahr 2020 war laut KOFA-Studie die IT-Systemadministration auf Platz 3 der Berufsgattungen, denen es an den meisten Spezialisten fehlte.

HACH: Frau Weyerts, wir danken Ihnen, dass Sie uns eine Einblick in Ihre Arbeit und die Herausforderungen für Ihre Verbandsmitglieder gegeben haben. Vielen Dank für dieses Interview.

Bildrechte:

Abb. 1: nimis69 | Stock-Fotografie-ID:1094223792

Abb. 2: Fotograf: Jörg Zägel – Eigenes Werk, Bildrechte: CC BY-SA 3.0